Clown Florius
Florius Koru

Aus dem Tagebuch eines Klinik-Clowns ...

Fast ein halbes Jahr lang habe ich Ende 2015 als Klinik-Clown gearbeitet. Aus Zeitgründen musste ich dann leider irgendwann aufhören. Mittlerweile - ab Juli 2020 - bin ich hier wieder aktiv. Es ist eine wunderbare und erfüllende Tätigkeit; wirklich Sinn-gebend. Ein paar meiner Erlebnisse während dieser Tätigkeit habe ich in meinem Clown-Blog auf Facebook beschrieben. Hier ein paar Auszüge daraus:

Be. Play. Love. So Simple.

<Jef Johnson>

Ja genau. Grün ist meine Lieblingsfarbe :-)
“Endgegner: Der Zucker” Wir - die Klinik-Clowns - haben natürlich vorher brav gefragt, ob wir ins Krankenzimmer kommen dürfen. Ergebnis: Ja wir dürfen. Aber sein Gesichtsausdruck macht uns klar: "Gebt Euch keine Mühe. Aus dem Alter bin ich raus. Ich bin nämlich so dermaßen cool, dass ich Euch nicht beachten werde." Er, der Coole (geschätzt: 15 Jahre) wendet sich wieder seinem Handy zu. Ok, dann eben nicht. Wir Clowns kümmern uns um den jüngeren Zimmernachbarn, der deutlich aufgeschlossener ist. Nach ein paar Minuten sehe ich, dass der Coole zwar weiter geschäftig auf seinem Handy rumdrückt und den Blick starr darauf gerichtet hat. Aber ich merke, dass dieser Blick unnatürlich und zu angestrengt ist. Der Coole ist offenbar mit seinen Ohren und einem sehr großen Teil seiner Aufmerksamkeit bei uns Clowns. Hehe; da erwacht natürlich mein Ehrgeiz. Ich denke: Ok, mein Lieber, dann schauen wir doch mal, was da geht. Mal schauen, wie obercool Du wirklich bist. Handy-versessene Jugendliche als "Endgegner" von Klinik- Clowns ... :-) Ob ich Dich knacken kann? Während meine Kollegin sich weiter um den jüngeren Patienten kümmert, tigere ich betont lässig und langsam zum Bett des Coolen und stelle mich neben ihn, so dass ich auf seinen Handy-Bildschirm schauen kann. Er spielt weiter sein Minesweeper-ähnliches Spiel, ohne auch nur minimal den Blick vom Handy abzuwenden. Er ist sichtlich bemüht, seine Fassade zu wahren und nicht zu mir herzuschauen. Seiner am Fußende des Bettes sitzenden Mutter ist die Situation mit dem ignoranten Sohn mittlerweile sichtlich peinlich. Sie fordert ihn auf, sein Handy doch mal wegzulegen. Keine Reaktion. Er spielt weiter, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken. Normalerweise bremse ich ja meinen Clown beim Sprechen; ich versuche generell beim Clownspiel - im Gegensatz zum Improtheater - nicht so sehr sprachlich, sondern deutlich mehr körperlich zu agieren. Mit meinen geliebten - an Schwachsinn grenzenden - Verbal- Feuerwerken, die ich ganz selten mal - für erwachsene Patienten - abfackele, kommt außerdem meine Clownkollegin nicht so wirklich klar. In nicht nur einer Feedback-Runde hat sie mir das ausführlich erläutert. Aber jetzt wird mir das alles irgendwie egal ... Es geht hier schließlich um meine Clown-Ehre :-) Dieser kleine selbsternannte Ober-Coole hat mich echt herausgefordert... Also halte ich ihm einen spontanen, clownesk abstrusen - völlig bescheuerten - wilden und lautstarken Vortrag über meine wirren Ansichten zu den Themen Handy-Betriebssysteme, Android- Versionsnummern und deren ernährungstechnische Bedeutung, nebst Folgen der Version 4.4 für die heimische Wirtschaft. Ich merke, wie meine Clownkollegin in ihrem Spiel erstarrt. Sie schaut zu mir herüber und verdreht - quasi auch innerlich - die Augen. Egal; yeah. Ich laufe zu Höchstform auf … Bald sehe ich, wie der Coole anfängt, ganz leicht mit den Mundwinkeln zu zucken. Hehe, ich bin also auf dem richtigen Weg ... Als ich dann auch noch dieses Zucken seiner Mundwinkel thematisiere und meine bekloppten Theorien über ihn als den "großen Zucker" ausformuliere, platzt endlich der Knoten. Als erstes prustet seine Mutter los. Und dann ist kein Halten mehr. Der Coole gibt auf und lacht lauthals. GEIL.
Fokus Oft werde ich gefragt, wie ich mit dem Leid umgehe, dem ich als Klinik- Clown auf den Krankenhaus-Stationen begegne; speziell auf den Kinderstationen. Eine gute Frage ... Zunächst mal fragen wir immer um Erlaubnis, bevor wir ein Krankenzimmer betreten. Wenn es jemandem so schlecht geht, dass unsere Gesellschaft unpassend wäre, dann wird das selbstverständlich berücksichtigt und wir bleiben draußen. Im Krankenzimmer dann ist Aufmerksamkeit die wichtigste Basis unseres Tuns. Wer ist anwesend? In welchem Zustand (körperlich, geistig, emotional)? Wir passen unser Spiel extrem an die Situation an, die wir vorfinden: Leise oder lebhaft. Stumm oder erzählend. Oft musizierend und singend. Auf jeden Fall altersgerecht: Säugling, Kleinkind, Schulkind, Teenager, Erwachsener (z.B. Eltern, Besucher) wollen sehr unterschiedlich angesprochen werden. In so manch einem Krankenzimmer begegnet man dann tatsächlich angstmachenden Aufbauten von Gerätemedizin; schlimmen Verletzungen oder anderweitigen erschreckenden oder verstörenden Zuständen. Ich persönlich versuche dann in erster Linie, mich auf das Wesentliche zu fokussieren: und das ist der Mensch, der mir da begegnet. Ich versuche, alles andere - evtl. erschreckende - zwar am Rande im Blick zu halten, aber auf keinen Fall darin zu versinken. Bisher gelingt das ganz gut. Es ist so wunderbar, in einem Patienten (Erwachsen oder tatsächlich noch Kind) das innere Kind zu entdecken, was gerne spielt ... ... oder auch einfach nur die Freude der Patienten zu erleben, wenn sie für eine kurze Zeit unterhalten; oder vom Schmerz abgelenkt und in unsere Clown-Welt "entführt" werden.
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